Bald ist es so weit – Countdown zur Flexiblen Kapitalgesellschaft
Verfasserin: Mag.a Elisabeth Zick, 10/23
kanzlei@suppan.eu
Der 01.11.2023 naht und damit auch das voraussichtliche Inkrafttreten der Bestimmungen über eine gänzlich neue Gesellschaftsform – die „FlexKap“ bzw. „FlexCo“.
Zum wesentlichen Inhalt noch einmal zusammengefasst: Die Reform soll einerseits eine Absenkung des GmbH-Mindeststammkapitals auf EUR 10.000,00 bringen (wie es bereits schon einmal kurzfristig im Jahr 2013/14 möglich war). Gleichzeitig wird mit den neuen Bestimmungen des Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) eine neue Gesellschaftsform geschaffen.
In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht ermöglicht diese neue Gesellschaftsform die Ausgabe von sogenannten „Unternehmenswert-Anteilen“, die Ähnlichkeit mit den leicht handelbaren Aktien aufweisen, da für deren Übernahme und Übertragung geringere formale Erfordernisse bestehen. Auch werden Gesellschafter:innen solcher Unternehmenswert-Anteile nicht ins Firmenbuch eingetragen, sondern in einem von den Geschäftsführer:innen zu führenden Anteilsbuch gelistet.
Weniger Publizität – weniger Rechte? In diesem Fall ja: Denn mit der leichteren Übertragbarkeit der Unternehmenswert-Anteile geht auch der Nachteil einher, dass keine Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft vorgesehen ist.
Man kann wohl sagen, dass die Mitbestimmung von Gesellschafter:innen und ihre weitreichenden Befugnisse das Herzstück einer GmbH sind, auch wenn dies oftmals vergessen wird. Der entscheidende Unterschied zur Aktiengesellschaft, die in ihrer Ausprägung eher durch eine geringe personalistische Verbundenheit der Anteilseigner gekennzeichnet ist, liegt darin, dass die GmbH von einer tendenziell engen Beziehung der (meist wenigen) Gesellschafter:innen zueinander abhängig ist. Und darüber hinaus wird sie im Gegensatz zur Aktiengesellschaft auch noch von dem Willen dieser Gesellschafter:innen weisungsunterworfenen Geschäftsführer:innen geleitet, wogegen der Vorstand der AG ja weisungsfrei agieren darf. Die Bestimmungsrechte der Eigentümer:innen sind in der GmbH also sehr tiefgreifend, was etwa auch in der vom OGH stetig weiterentwickelten Judikaturlinie zu den Informationsrechten von GmbH-Gesellschafter:innen zum Ausdruck kommt. Das Informationsrecht reicht durch diese Rechtsfortbildung über das gesetzlich vorgesehene Ausmaß mittlerweile weit hinaus.
Unternehmenswert-Beteiligten der FlexKap will man diese tiefgreifenden Eigentümerrechte jedoch nicht gewähren:
Unternehmenswert-Beteiligten kommt kein Informations- und Einsichtsrecht zu. Das ist eine logische Konsequenz daraus, wenn man ihnen auch keine Mitbestimmung an der Willensbildung der Gesellschaft zugestehen möchte. Nach dem Motto: „Wer Einfluss ausüben will, benötigt Informationen – wer keinen Einfluss ausüben darf, benötigt auch keine Informationen.“ In einer GmbH, die keinen Aufsichtsrat hat, wäre das undenkbar: Eine Bestimmung, dass den Gesellschaftern das Einsichtsrecht nicht zustehe, oder dass es innerhalb einer kürzeren Frist auszuüben oder sonstigen Beschränkungen unterworfen sei, darf in den Gesellschaftsvertrag nur aufgenommen werden, wenn ein Aufsichtsrat zu bestellen ist. Neben dem (mit einer Ausnahme) fehlenden Stimmrecht haben bloß Unternehmenswert-Beteiligte auch kein Recht auf Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschafter:innenbeschlüssen – auch das ist eine einschneidende Einschränkung, deren Rechtsfolge man sich bewusst sein muss.
Mit diesem „Weniger“ an Rechten geht auch eine größere Anonymität einher. Unternehmenswert-Beteiligte werden, wie eingangs erwähnt, nicht ins Firmenbuch eingetragen. Unzweifelhaft verankert ist im Gesetzesentwurf jedenfalls das Teilnahmerecht der Unternehmenswert-Beteiligten an den Generalversammlungen, die auch über schriftliche Abstimmungen zu informieren sind. Daraus ergibt sich in weiterer Folge die Verpflichtung der Gesellschaft, auch diese Anteilseigner:innen zu den Generalversammlungen einzuladen. Gerade weil Unternehmenswert-Beteiligte nicht im Firmenbuch, sondern lediglich im nicht öffentlichen „Anteilsbuch“ eingetragen sind, darf auf sie für Zwecke der ordnungsgemäßen Einberufung einer Generalversammlung nicht vergessen werden.
Eine Ausnahme vom Grundsatz der Ausgeschlossenheit an der Willensbildung der Gesellschaft gibt es natürlich auch für Unternehmenswert-Beteiligte. Die Grenze findet sich dort, wo durch eine Gesellschaftsvertragsänderung in ihre Rechte eingegriffen werden soll. Die individuelle Zustimmung der betroffenen Unternehmenswert-Beteiligten als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine derartige Änderung wurde daher gesetzlich verankert. Dennoch muss angesichts der einschneidenden Beschränkungen der Eigentümerrechte im Einzelfall sehr sorgfältig überlegt werden, ob diese Form der „Beteiligung“, individuell betrachtet, tatsächlich auch jene ist, mit der man am Ende des Tages 100%ig zufrieden ist.
Der Countdown für Überlegungen und erste Gründungen läuft jedenfalls. Es zeigt sich ganz klar, dass es vorausschauender und sorgfältiger Überlegungen bedarf, ob diese Form für die geplante oder bereits bestehende Unternehmung tatsächlich geeignet ist und ob sie den bestehenden Ansprüchen und Vorstellungen der Gründer:innen im Einzelfall überhaupt gerecht werden kann, oder ob nicht doch eine andere Gesellschaftsform sinnvoller ist.
Eine rechtssichere Beratung wird somit auch durch die weiter voranschreitende Vereinfachung der Gründung nicht ersetzt. Davon sind wir überzeugt und stehen Ihnen bei Gesellschaftsgründungen jeglicher Art gerne beratend zur Verfügung.