Covid19 – Impfpflicht für ArbeitnehmerInnen ?
Die Frage einer (in-)direkten Impfpflicht am Arbeitsplatz genießt aktuell große Aufmerksamkeit. Sie stellt ArbeitgeberInnen – mangels gesetzlicher Grundlage einerseits und aufgrund fehlender einschlägiger Judikatur und unterschiedlicher Lehrmeinungen andererseits – vor schwierige Entscheidungen.
Allgemein gibt es in Österreich keinen gesetzlichen Impfzwang im Arbeitsrecht. Zukünftig ist eine solche Impfpflicht für Berufe im Gesundheitsbereich oder bei körpernahen Dienstleistungen jedoch nicht auszuschließen. ArbeitgeberInnen können aktuell ihren MitarbeiterInnen nicht anordnen, sich impfen zu lassen.
Die Möglichkeit, das Dienstverhältnis mit einem/einer die Impfung verweigernden DienstnehmerIn zu beenden, kann jedoch im Ergebnis zu einem impliziten Impfzwang führen. Dies kann aus rechtlicher Sicht im Einzelfall gerechtfertigt sein. Aus der Fürsorgepflicht gem. § 1157 ABGB, § 3 ASchG und § 18 AngG ergibt sich, dass ArbeitgeberInnen ihre MitarbeiterInnen vor Erkrankungen zu schützen haben. Gleichzeitig ergibt sich aus den vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber KundInnen und VertragspartnerInnen, auch diese vor Infektionen hinreichend zu schützen.
Ein Interessenskonflikt ergibt sich bei impfverweigernden MitarbeiterInnen insofern, als diese ein Recht auf Achtung des Privatlebens gem. Art 8 EMRK bzw. Persönlichkeitsrechte gem. § 16 ABGB genießen, zumal eine Impfung eine medizinische Behandlung darstellt, über die jedeR frei entscheiden darf.
Maßgebliche Kriterien, wonach eine Kündigung durch ArbeitgeberInnen zulässig sein kann:
- Grundsätzlich ist stets auf den konkreten Arbeitsplatz, das Arbeitsumfeld und das dadurch bedingte Infektionsrisiko abzustellen. Für MitarbeiterInnen im Gesundheitsbereich oder bei körpernahen Dienstleistungen und Kontakt zu vulnerablen Gruppen ist naturgemäß ein anderer Maßstab anzulegen, als bei MitarbeiterInnen ohne jeglichen Kundenkontakt mit eigenem Büro.
- Wird ein gewisses Infektionsrisiko gegenüber KollegInnen und/oder KundInnen bejaht, haben ArbeitgeberInnen bei impfverweigernden MitarbeiterInnen zunächst zu prüfen, ob alternative Schutzmaßnahmen gesetzt werden können (z.B.: Dienstplangestaltung, Homeoffice, Trennwände, eigenes Arbeitszimmer, tägliches PCR-Freitesten) oder diese unzumutbar sind.
- Darüber hinaus haben ArbeitgeberInnen aufgrund ihrer sozialen Gestaltungspflicht zu beurteilen, ob es sonst im Betrieb einen alternativen Arbeitsplatz für impfunwillige DienstnehmerInnen gibt.
- Sofern alle Präventionsmaßnahmen ausgeschöpft bzw. unverhältnismäßig sind, sodass als einziges Mittel zur Vermeidung einer Ansteckungsgefahr die Impfung der ArbeitnehmerInnen in Betracht kommt, diese jedoch verweigert wird, dann kann eine Kündigung als „ultima ratio“ Lösung zulässig und begründet sein.
- Als gelinderes Mittel zur Kündigung kann auch ein zulässiges Anreizsystem in Form von Impfprämien, Sachzuwendungen oder zusätzlicher Urlaubstage in Betracht gezogen werden.