Judikaturupdate: Kürzung von All-in-Pauschalen während der Elternteilzeit?

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat mit zwei im Herbst ergangenen Entscheidungen (9 ObA 83/22d, 8 ObA 22/22a) für Diskussionsstoff gesorgt, die wir Ihnen aufgrund der Bedeutsamkeit in der arbeitsrechtlichen Praxis nicht vorenthalten möchten.

Konkret hatte der OGH zu beurteilen, wie sich die Entlohnung eines Bankangestellten mit einem All-in-Vertrag während seiner Elternteilzeit auswirkt. Insbesondere gab es zur Frage, ob der Arbeitgeber einseitig eine Kürzung der All-in-Pauschale vornehmen darf noch keine eindeutige Rechtsprechung.

Hintergrund dieser in der Lehre heiß diskutierten Rechtsfrage ist, dass All-in-Pauschalen (auch) der Abgeltung von Mehr- und Überstunden dienen, Arbeitnehmer:innen während der Elternteilzeit jedoch gem. §19d Abs 8 AZG von der Verpflichtung zu Erbringung von Mehr- und Überstunden befreit sind.

Der OGH kam in seiner Entscheidung zu dem letztlich nachvollziehbaren Ergebnis, dass bei Dienstverträgen mit All-in-Pauschalen während der Elternteilzeit jener Teil des Lohnes nicht ausbezahlt werden muss, der dem/der Arbeitnehmer:in über das Grundgehalt für Mehr- und Überstunden gebührt. Werden während der Elternteilzeit Mehr- oder Überstunden tatsächlich erbracht, gebührt dafür selbstverständlich eine Vergütung und ist diese während der Elternteilzeit durch Einzelverrechnung auszubezahlen.

Der OGH dürfte das Kürzen der All-in-Pauschale jedoch nicht bedingungslos zulassen. Vielmehr betont das Höchstgericht, dass für das Streichen der Pauschale aus dem Dienstvertrag die Anzahl der Überstunden, welche mit der jeweiligen Pauschale abgegolten werden, bestimmbar sein muss.

Entscheidend ist daher, dass aus der Pauschale – mit der oftmals auch andere Entgeltbestandteile und Zulagen abgegolten werden – das Ausmaß der abzugeltenden Mehr- und Überstunden bestimmt werden kann und damit als Teil vom Gesamtgehalt rechnerisch abgrenzbar ist.

Dies war bei dem der Entscheidung zu Grunde gelegenen Sachverhalt zu bejahen, da die Parteien im Dienstvertrag auch festhielten, dass davon ausgegangen werde, dass im Durchschnitt 25 Mehr- und Überstunden pro Monat geleistet werden.

Es muss daher anhand der dienstvertraglichen Vereinbarung bestimmbar sein, wie viele Mehr- und Überstunden mit der All-in-Pauschale abgegolten werden, um diese während der Elternteilzeit auch „herausschälen“ und (anteilig) kürzen zu dürfen.

Zwar ging es in der Entscheidung um einen männlichen Mitarbeiter. Die Rechtsausführungen des OGH lassen sich jedoch auf Mütter – für die das Mutterschutzgesetz und nicht das Väterkarenzgesetz gilt – gleichermaßen anwenden.

Sollten Sie als Arbeitgeber:in oder Arbeitnehmer:in Fragen im Zusammenhang mit arbeitsvertraglich vereinbarten (oder zu vereinbarenden) All-in-Pauschalen haben, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Verfügung.

 

Verfasser: Mag. Georg Wiedmann, 01/2023

SSZ-Adm1n-2019