Schadenersatz im Reiserecht – wenn die Urlaubsfreude ausbleibt

Bucht ein Reisender eine Pauschalreise, sieht das seit 2018 geltende österreichische Pauschalreisegesetz bestimmte Schutzbestimmungen vor, nach denen dem Reisenden die entgangene Urlaubsfreude monetär ersetzt werden soll.

Das Gesetz definiert dabei ganz klar, wann eine Pauschalreise vorliegt, nämlich dann, wenn

  • die Reisedauer zumindest 24 Stunden beträgt und
  • dem Reisenden zumindest zwei verschiedene Reiseleistungen (Beförderung, Unterbringung, Autovermietung oder jede andere touristische Dienstleistung) in einem Vertrag angeboten werden.

Vom Anwendungsbereich explizit ausgenommen sind Einzelreiseleistungen (zB lediglich Übernachtung), Geschäftsreisen und Reisen von Gelegenheitsveranstaltern (zB Schulausflüge).

Liegt eine Pauschalreise vor, haftet der Reiseveranstalter dem Reisenden für die ordnungsgemäße Erbringung der im Pauschalreisevertrag vereinbarten Leistungen, auch wenn er nicht selbst der Erbringer der Reiseleistungen ist. Dabei ist zu beachten, dass der Reisende dem Reiseveranstalter allfällige Vertragswidrigkeiten unverzüglich (d.h. auch während dem Urlaub) anzuzeigen hat, damit diesem die Möglichkeit eingeräumt wird, die Mängel zu beheben. Kommt der Reisende seiner Anzeigepflicht nicht nach, kann ihm dies bei der Beurteilung eines allfälligen Schadenersatzanspruches als Mitverschulden angelastet werden.

Führt der Reiseveranstalter die Behebung des Mangels nach der Anzeige des Mangels nicht binnen angemessener Frist durch, ist der Reisende zur eigenständigen Abhilfe berechtigt. Verspätet sich beispielsweise der vom Reiseveranstalter organisierte Bus, ist der Reisende berechtigt, ein Taxi zu nehmen, um den Flug nicht zu verpassen. Die Taxiskosten sind vom Reiseveranstalter zu ersetzen.

 

Reisepreisminderung

Dem Vertragsrecht ist die Gewährleistung (=Einstehen müssen für abweichende Vertragsleistungen) ganz immanent und gilt dies im Reiserecht uneingeschränkt. Behebt der Reiseveranstalter die angezeigten Mängel nicht, so kann der Reisende eine Preisminderung begehren oder im Falle von wesentlichen Mängeln vom Vertrag zurücktreten und den (vollständigen) Ersatz der Reisekosten begehren. Begehrt der Reisende eine Preisminderung, muss der Reiseveranstalter, um einer Ersatzpflicht zu entgehen, beweisen, dass die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist. Gelingt ihm der Beweis nicht, so sind die Reisekosten angemessen zu mindern. Eine Einschränkung oder der gänzliche Ausschluss des Preisminderungsrechts zum Nachteil eines Konsumenten ist unwirksam.

Haben Sie daher beispielsweise eine Pauschalreise (Hotelübernachtungen inkl. Flug) gebucht und wurde Ihnen ein Hotel mit Pool und Wellnesslandschaft versprochen, so haben Sie Anspruch auf ein Hotel mit Pool und Wellnesslandschaft. Ist der Pool oder die Wellnesslandschaft aufgrund von Sanierungsarbeiten (wenn auch nur teilweise) nicht zu benutzen, so kann für diesen Zeitraum eine angemessene Preisminderung begehrt werden.

Zwar ist das Ausmaß der Höhe des Preisminderungsrechts stets einzelfallbezogen zu beurteilen, allerdings bietet die Rechtsprechung eine gute Orientierungshilfe dafür. So sah das Handelsgericht Wien im Jahr 2000 eine Preisminderung iHv 5% als angemessen an, wenn der Reisende das Besteck selber holen musste. 10% wurden 2017 zugesprochen, wenn der Reisende lange auf das Essen warten musste und das Besteck (wenn auch nur manchmal) verschmutzt war. Bleibt die tägliche Zimmerreinigung aus, kann der Preis für diesen Reisetag um 25% gemindert werden. Zwischen 5-20% gibt es, wenn die Klimaanlage im Hotelzimmer ausgefallen ist. 35% wurden 2013 zugesprochen, nachdem in einem Fünf-Sterne-Hotel das Zusatzbett für das mitreisende Kind unbenützbar war und deshalb drei Personen in zwei Betten schlafen mussten. Ein desolater und dreckiger Zustand des Schiffs bei einer Galapagos-Kreuzfahrt wurde gar mit 50% Preisminderung bewertet.

 

Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude

Neben einer Preisminderung besteht die Möglichkeit, Schadenersatz für die entgangene Urlaubsfreude geltend zu machen, wenn ein erheblicher Teil des Reisevertrages nicht erbracht wird und sich diese Vertragswidrigkeit negativ auf den Urlaubswert auswirkt. Dadurch soll die entgangene Urlaubsfreude monetär ersetzt werden.

Nach dem geltenden Pauschalreisegesetz ist für den Schadenersatzanspruch – entgegen dem allgemeinen Schadenersatzrecht – kein Verschulden des Reiseveranstalters an der Vertragswidrigkeit erforderlich. Der Schadenersatzanspruch besteht schon dann, wenn die Vertragswidrigkeit erheblich ist. Die Erheblichkeit einer Vertragswidrigkeit ist einzelfallbezogen zu beurteilen und wurde in der Rechtsprechung u.a. bejaht, wenn für den Erholungswert oder den vereinbarten Urlaubszweck zentrale Leistung stark beeinträchtigt bzw. nicht erbracht wurde. Eine erhebliche Vertragswidrigkeit liegt auch dann vor, wenn ein Preisminderungsanspruch von zumindest 50% gerechtfertigt ist.

Die Haftung des Reiseveranstalters entfällt nur dann, wenn er nachweisen kann, dass (1) die Vertragswidrigkeit dem Reisenden zuzurechnen ist, (2) die Vertragswidrigkeit von einem ihm nicht zurechenbaren Dritten verursacht wurde und weder vorhersehbar noch vermeidbar war oder (3) die Vertragswidrigkeit auf unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.

In der bisherigen Rechtsprechung wurde die entgangene Urlaubsfreude wegen Beeinträchtigungen durch Bautätigkeit (Lärm, eingeschränkte Benützbarkeit) sowie fehlende Angebote (Sport, Animation) während eines Maledivenurlaubs unabhängig bzw. zusätzlich zur Preisminderung mit 22% und massiver Baulärm untertags bis in die Abendstunden, der auch am Strand hörbar war, mit 30% des Reisepreises pro Tag und Person ersetzt.

 

Tipp: Sind die vorliegenden Mängel nicht behebbar oder hat Ihr Reiseveranstalter keinen Vertreter vor Ort, sollten Sie die Mängel zu Beweiszwecken dokumentieren bzw. fotografisch festhalten. Der Reiseveranstalter sollte jedenfalls unverzüglich (zB via Mail) über die Mängel informiert werden.

SSZ-Adm1n-2019