Alles im Blick: Die Dos and Don’ts der privaten Videoüberwachung


Verfasser: Mag. Emre Ünal, LL.M., 12/23
kanzlei@suppan.eu


 

Die private Videoüberwachung gewinnt in Österreich zunehmend an Bedeutung, sei es zum Schutz des Eigentums oder zur Sicherheit von Menschen. In diesem Newsletter-Artikel sollen daher die datenschutzrechtlichen Aspekte für die Rechtmäßigkeit solcher Maßnahmen beleuchtet und relevante Praxisbeispiele angesprochen werden.

Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zur Videoüberwachung finden sich einerseits in der unionsrechtlichen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und andererseits im nationalen Datenschutzgesetz (DSG). Darüber hinaus sind natürlich die Entscheidungen insbesondere der Datenschutzbehörde als auch des EuGH zu berücksichtigen.

Datenverarbeitung

Die DSGVO sieht vor, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, was private Videoüberwachungen jedenfalls darstellen, nur unter bestimmten Voraussetzungen und Berücksichtigung bestimmter Kriterien zulässig ist.

Immanent für jede Videoüberwachung ist die Einwilligung der betroffenen Person oder das berechtigte Interesse desjenigen, der für die Videoüberwachung verantwortlich ist. Das berechtigte Interesse kann sich wie einleitend angeführt aus dem Schutz des Eigentums oder zur Sicherheit von Menschen ergeben.

Darüber hinaus fordert die DSGVO, dass jede Datenverarbeitung dem Zweck angemessen und auf das notwendige Maß beschränkt sein muss. Dementsprechend hat die Videoüberwachung zeitlich und örtlich nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß und die Auswertung der Videoüberwachung nur im Anlassfall zu erfolgen. Die Datenschutzbehörde entscheidet nunmehr seit vielen Jahren, dass im Falle einer rechtmäßigen Aufzeichnung das Speichern für längstens 72 Stunden erlaubt ist. Das Speichern für einen längeren Zeitraum ist im Einzelfall zulässig, wenn es verhältnismäßig und begründet ist (z.B. zur Aufklärung einer Straftat). Ist die Videoüberwachung rechtswidrig, ist auch das kurzfristige Speichern nicht erlaubt („Früchte des vergifteten Baumes“).

Dadurch, dass eine Videoüberwachung einen erheblichen Eingriff in die Rechte der betroffenen Personen darstellt, dürfen keine andere, gelindere Mittel, die zur Zweckerreichung ausreichend wären, zur Verfügung stehen. Im Sinne des Transparenzgebotes müssen betroffene Personen außerdem auf die Videoüberwachung hingewiesen werden sowie Informationen darüber erhalten, wer für die Videoüberwachung verantwortlich ist.

Ob die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der privaten Videoüberwachung vorliegen, hat die für die Videoüberwachung verantwortliche Person zu prüfen. Die Datenschutzbehörde nimmt keine Vorabbeurteilung vor und es besteht auch keine Meldepflicht bei der Datenschutzbehörde. Dies führt oftmals zu Unsicherheiten und werden aufgrund der auslegungsbedürftigen Bestimmungen des Datenschutzrechts die Schwelle der Rechtswidrigkeit oftmals sehr schnell erreicht. Im Folgenden wird daher kurz auf die wohl wichtigsten Anwendungsfälle der Videoüberwachungen eingegangen.

Videoüberwachen von Wohnhausanlagen und öffentlichen Flächen

Werden allgemeine Teile einer Liegenschaft (z.B. Gemeinschaftsgarten, Aufzug, Stiegenhaus, Hauseingang) videoüberwacht (Echtzeitüberwachung), müssen sämtliche Eigentümer:innen der Videoüberwachung zustimmen.

Wird hingegen eine Videotürklingel an die eigene Wohnungstür angebracht, die keine Bilder speichert, benachbarte Türen nicht (mit-)abbildet und nur beim Anläuten filmt, ist keine Zustimmung einzuholen.

Öffentliche Flächen dürfen grundsätzlich nur vom Staat überwacht werden. Für Private gilt, dass nur in Ausnahmefällen ein kleiner Teil des Gehsteigs oder der Straße mitgefilmt werden darf, sofern der Zweck der Videoüberwachung (z.B. der Schutz vor Beschädigung der Hausfassade) anders nicht erfüllbar wäre. Die Rechtsprechung geht dabei von maximal 50 cm ab der eigenen Grundstücksgrenze aus, wobei dieser Ausnahmeregelung im wahrsten Sinne des Wortes insofern Grenzen gesetzt sind, als dass Nachbargrundstücke keinesfalls gefilmt werden dürfen.

Dashcams

Sogenannte „Dashcams“ in Fahrzeugen sind im Einzelfall zulässig, nämlich dann, wenn die Aufnahme anlassbezogen stattfindet (z.B. Dokumentation eines Unfallherganges). Darüber hinaus sind die einleitend angeführten Kriterien einzuhalten, folglich die Aufnahme örtlich (keine großflächige Überwachung; Kamerawinkel nach unten geneigt; Nichtidentifizierung von Objekten und Personen in weiter Umgebung) und zeitlich (Datenschutzbehörde: bis zu fünf Minuten) beschränkt sein. Technisch muss gesichert sein, dass die Daten kontinuierlich gelöscht oder überschrieben werden, falls kein Anlassfall besteht. Außerdem ist durch Verschlüsselungstechniken und Zugriffsbeschränkungen Sorge dafür zu tragen, dass die Integrität der Aufnahme gewährleistet ist.

Attrappen

Nachdem Kameraattrappen keine Bilder aufzeichnen und sohin keine Verarbeitung von personenbezogenen Daten stattfindet, greift das Datenschutzrecht nicht. Dennoch gilt auch für Attrappen, dass sie ausschließlich das eigene Eigentum vermeintlich überwachen dürfen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist nämlich auch der durch eine Videokameraattrappe geschaffene Überwachungsdruck auf einen Hausbewohner als Eingriff in die Privatsphäre zu beurteilen (OGH 26.06.2014, 8 Ob 47/14s).

Darüber hinaus ist empfehlenswert, entsprechende Rechnungen und Unterlagen aufzubewahren, um im Falle eines Vorhaltes der Datenschutzbehörde nachweisen zu können, dass es sich um eine Attrappe handelt.

Helmkameras

Werden mithilfe Helmkameras Videos von Mountainbike- oder Skiabfahrten aufgezeichnet, ist das grundsätzlich mit dem Datenschutz vereinbar, wenn die Aufnahmen nicht darauf abzielen, unbeteiligte Personen zu identifizieren.

Drohnen

Für Drohnen, die mit einer Kamera ausgestattet sind, gilt das bisher Genannte. Die Aufnahme von öffentlichem Grund oder Privatgrundstücken anderer, ist unzulässig.

Kein generelles Verwertungsverbot für rechtswidrige Aufnahmen

In einer aktuellen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof übrigens darauf hingewiesen, dass nach der Zivilprozessordnung auch nach Inkrafttreten der DSGVO kein generelles Verwertungsverbot für Beweismittel, die nach den Datenschutzbestimmungen rechtswidrig erlangt bzw. angefertigt worden sind, besteht (OGH 24.08.2022, 7 Ob 21/22b).

Aufgrund der Doppelgleisigkeit hindert eine allfällig zulässige Verwertung in Verfahren allerdings eine Abstrafung nach dem Datenschutzrecht nicht. Hier drohen Geldstrafen bis EUR 50.000,– nach dem DSG bzw. Geldbußen bis EUR 20.000.000,–/bei Unternehmen 4% des weltweiten Jahresumsatzes nach der DSGVO.

Hard Facts für die Rechtmäßigkeit der privaten Videoüberwachung

  • Einwilligung der betroffenen Person oder berechtigtes Interesse der für die Videoüberwachung verantwortlichen Person (insb. Personen- oder Objektschutz)
  • Geeignete Kennzeichnung der Videoüberwachung (z.B. durch deutlich erkennbare Hinweisschilder) und Informationen über die Verantwortlichen der Videoüberwachung
  • Die Videoüberwachung erfolgt zeitlich und örtlich nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß
  • Die Videoaufnahmen werden in regelmäßigen Abständen überschrieben oder gelöscht (Aufbewahrung der Bildaufnahmen für längstens 72 Stunden erachtet die Datenschutzbehörde für zulässig)
  • Die Auswertung der Videoaufnahmen erfolgt nur im Anlassfall (z.B. weil ein Schadensfall eingetreten ist)
  • Gelindere Mittel sind nicht ausreichend (z.B. Anbringen von Sicherungssystemen, Bewegungsmelder)

 

Für Ihre datenschutzrechtlichen Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

 

SSZ-Adm1n-2019