Bank Austria Fremdwährungskredite nichtig? Eine Frage des Einzelfalls
Die UniCredit Bank Austria AG (und andere Banken) vergab(en) in den Anfängen der 2000er Jahre zahlreiche Fremdwährungskredite an Verbraucher, die nun vermehrt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind. Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte zuletzt regelmäßig zu beurteilen, ob diese Kreditverträge wirksam zustande kamen.
Aber zurück zum Anfang – worum handelt es sich überhaupt bei einem Fremdwährungskredit? Fremdwährungskredite sind Finanzierungen, die in ausländischer Währung (meist Schweizer Franken (CHF) oder japanischer Yen (JPY)) aufgenommen wurden. Die Bank tauschte die fremde Währung für den Kreditnehmer bei der Auszahlung in Euro um, bei Zinszahlungen und Tilgung wiederum von Euro in die fremde Währung. Fremdwährungskredite sind – nach Ansicht der Finanzmarktaufsicht (FMA) – „höchst spekulative Produkte und für private Haushalte ungeeignet“, da die Entwicklung des aktuellen Zinsvorteils oder Wechselkurses der Fremdwährung nicht vorhersehbar ist. Verbrauchern droht bei bestehenden Fremdwährungskrediten aufgrund des Währungsrisikos hohe Rückzahlung bzw. Zinsbelastungen. Sie werden daher in dieser Form seit 2009 aufgrund der Risikoneigung an Verbraucher nicht mehr vergeben.
Der OGH beschäftigte sich zuletzt vermehrt mit solch „alten“ Fremdwährungskrediten, die oftmals eine jahrzehntelange Laufzeit aufweisen.
Anfänglich stärkte das Höchstgericht den Verbraucherrücken und in der Lehre wurde gar euphorisch von einer „richtungsweisenden Judikaturwende“ gesprochen. Konkreter Anlassfall war, dass der OGH in einem Individualprozess zu dem Ergebnis kam, dass ein (mustermäßig verwendeter) Fremdwährungskredit der Bank Austria nichtig ist, da er intransparente Vertragsklauseln enthielt (OGH 02.02.2022, 6 Ob 51/21z). Nach Ansicht des OGH waren nämlich entscheidende Vertragsklauseln (essentialia negotii) unklar formuliert, sodass der Verbraucher nicht beurteilen konnte, nach welchen konkreten Spielregeln die Kreditsumme bzw. Zinsen bestimmt werden.
Die Nichtigkeit eines Vertrages führt grundsätzlich zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung, sodass sich durch den Wechselkurs bedingte negative Schwankung – mangels Vertragsgrundlage – grundsätzlich nicht zu Lasten des Kreditnehmers auswirken dürfen.
Aus Verbrauchersicht ist diese Entscheidung jedenfalls ein positives Zwischenergebnis.
In nunmehr aktuellen Folgeentscheidungen hat der OGH jedoch wieder erheblich zurückgerudert und die Verbraucherposition abgeschwächt, sodass im Fall von unklaren Vertragsklauseln die „Nichtigkeit des Kreditvertrages“ nicht als verallgemeinerungsfähiger Grundsatz auf jeden Fremdwährungskredit (der Bank Austria) bedingungslos angewendet werden kann.
Der OGH judizierte nämlich, dass sich Verbraucher, sofern sie von der Bank transparent und regelmäßig über den Kreditverlauf informiert werden (Kontoauszüge, Wechselkursinformationen, Konvertierungsangebote), nach jahrelanger Duldung nicht mehr auf die Nichtigkeit berufen können. Die mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von bereits in das Vollzugsstadium getretenen Dauerschuldverhältnissen verbundenen Schwierigkeiten erfordern, dass ein Kreditnehmer, der sich auf die Ungültigkeit eines Dauerschuldverhältnisses berufen möchte, seinen Vertragspartner zeitnah darüber aufklärt, so der OGH. Die Gegenauffassung würde es einem Kreditnehmer nämlich ermöglichen, seinen Vertragspartner jahrzehntelang über seinen Rechtsstandpunkt im Unklaren zu lassen und damit im Ergebnis auf dessen Rücken zu spekulieren (OGH 24.05.2022, 4 Ob 208/21y). Auf Nichtigkeit des Vertrags wegen (zunächst) mangelnder Bestimmtheit des Kreditbetrags (weil die Kreditsumme in Schweizer Franken im Vertrag nicht genannt war) konnten sich eine Verbraucherin nach Ansicht des OGH ebenso nicht berufen, da aus deren nachfolgenden Verhalten auch auf ihren Bindungswillen geschlossen werden konnte (OGH 29.08.2022, 6 Ob 76/22b).
Es scheint sich daher auch in diesem Bereich die Judikatur zu Dauerschuldverhältnissen zu verfestigen, mit dem Ergebnis, dass sich auch Konsumenten bei entsprechend regelmäßiger Information durch die Bank über Kursverlauf, Kontosauszüge etc. nach jahrelangem Zuwarten nicht mehr auf die Nichtigkeit des Kreditvertrages berufen können. Dies, obwohl der Kreditvertrag isoliert betrachtet nichtig ist. Diese Nichtigkeit heilt jedoch durch die unterlassene Einrede. Kommt die Bank hingegen ihrer Informationspflicht nicht hinreichend nach, könnten sich Verbraucher selbst nach langjähriger Laufzeit des Kreditvertrags auf die Nichtigkeit berufen.
Jedenfalls ist davon auszugehen, dass sich der OGH auch in den kommenden Monaten und Jahren mit weiteren Kreditverträgen auseinandersetzt und sind damit verbundene Judikaturwendungen durchaus denkbar. Ob damit die Verbraucherposition gestärkt oder doch eher den Banken in die Karten gespielt wird, bleibt abzuwarten.
Sie haben einen laufenden (Fremdwährungs-)kredit bei einer Bank abgeschlossen? Gerne prüfen wir diesen näher und geben Ihnen eine konkrete Einschätzung zur Frage der Wirksamkeit bzw. Nichtigkeit Ihres Vertrages.