Reiseplanung in Flammen: Ihr Rücktrittsrecht bei Waldbränden

Die diesjährigen Sommermonate mit rasant zunehmenden Naturkatastrophen wie Waldbrände und Überschwemmungen haben uns auch vor Augen geführt, wie schnell sich Reisepläne ändern können. Das österreichische Reiserecht stellt sicher, dass Reisende angemessene Schutzvorkehrungen genießen, um ihre Reiseerfahrungen sicher und sorgenfrei zu gestalten, wobei zwischen Pauschalreisen und Individualreisen zu differenzieren ist.

In Österreich unterliegen Pauschalreisen dem Pauschalreisegesetz (PRG), das speziell ausgearbeitet wurde, um die Rechte der Reisenden zu schützen. Was eine Pauschalreise ist, definiert das Gesetz selbst, wobei die Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen:

  1. Vorgefertigte Kombination: Das Reiseangebot muss mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen (zB Beförderung, Unterkunft, Verpflegung, Aktivitäten) für denselben Urlaub gebündelt und vorgefertigt anbieten. Die Leistungen müssen zusammen als ein Paket erworben werden können.
  2. Einheitlicher Preis: Die gebündelten Leistungen müssen zu einem Gesamtpreis angeboten werden, der einen einheitlichen Preis für die gesamte Reise darstellt. Dies unterscheidet eine Pauschalreise von individuell zusammengestellten Einzelleistungen.
  3. Einheitliche Buchung: Die Buchung der verschiedenen Reiseleistungen erfolgt in einer einzigen Buchung oder in aufeinanderfolgenden Buchungen bei der gleichen Anbieterin.
  4. Leistungsdauer: Die Pauschalreise umfasst eine Dauer von mehr als 24 Stunden oder zumindest eine Übernachtung.


Kostenfreier Rücktritt von Pauschalreisen:

Das Gesetz sieht verschiedene Gründe für das Bestehen eines (kostenfreien) Rücktrittsrechts der Reisenden vor. Darunter fällt eine Preiserhöhung, eine erhebliche Änderung der Reise, die Nichterfüllung der Mindestteilnehmerzahl oder eben „höhere Gewalt“. Letzteres ist ein umfassender Begriff und betrifft vereinfacht gesagt „außergewöhnliche“ und „unvermeidbare“ Umstände, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung an die Urlaubsdestination erheblich beeinträchtigen oder gar verunmöglichen. Darunter fallen beispielsweise Naturkatastrophen (Stichwort: Waldbrand) oder politische Unruhen. Eine offizielle Reisewarnung des Außenministeriums muss dafür jedoch nicht zwingend vorliegen.

Im Zusammenhang mit höherer Gewalt und dem Rücktritt von einer Reise ist zu beachten, dass die zum Rücktritt berechtigenden Umstände und der Reiseantritt zeitlich nahe liegen müssen. Sprich: Der Rücktritt von einer Reise, die erst in mehreren Monaten stattfinden soll, kann nicht pauschal auf einen aktuellen Waldbrand vor Ort begründet werden. In diesem Fall sollten die Betroffenen abwarten und sich kurz vor der Reise über die aktuelle Lage vor Ort erkundigen.

Rechtslage bei Individualreisen:

Werden einzelne Reiseleistungen bei unterschiedlichen Anbietenden gebucht, handelt es sich um eine Individualreise, für die der Gesetzgeber keine gesonderte Regelung vorgesehen hat. Es sind daher die Regelungen des allgemeinen Vertragsrechts sowie des ABGB heranzuziehen.

Diese sehen einen Anspruch auf Erstattung des vollen Entgeltes vor, wenn ihre Vertragspartnerin die vereinbarte Dienstleistung nicht erbringen wird (zB Flugabsage). Diese Folge ist konsequent, ohne Bereitschaft zur Leistungserbringung soll es auch keine Gegenleistung geben.

Ist die Vertragspartnerin hingegen bereit, ihre Leistung zu erbringen, ist ein kostenfreier Rücktritt nicht ohne Weiteres möglich. In diesem Fall sollten zunächst die konkreten Vertragsbedingungen und darin enthaltene Rücktrittsbestimmungen eingesehen werden. Greift keine Vertragsbedingung, kann ein kostenfreier Vertragsrücktritt unter Umständen mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage argumentiert werden. Ein solcher liegt vor, wenn Ihnen der Antritt der Reise (zB durch Terroranschlag am Reiseziel; Pandemie; Brand) unzumutbar geworden ist, weil die bei Vertragsabschluss als selbstverständlich angesehenen Umstände des Vertrages nicht mehr bestehen. Wo die Grenzen zwischen noch zumutbaren und unzumutbaren Risiken liegen, ist dabei eine Frage des Einzelfalles, die nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden kann.

Doch nicht nur die Unwägbarkeiten von Einzelfallentscheidungen sind für eine Rücktrittswerberin im Falle einer Individualreise unattraktiv, sondern auch die Tatsache, dass mitunter gar nicht österreichisches Recht anwendbar ist. Abhängig von der jeweiligen Reiseleistung kann das nationale Recht der Reisedestination zur Anwendung kommen, das möglicherweise abweichende bzw. andere Regelungen vorsieht. In diesem Fall müsste also in einer Vorprüfung zunächst das anwendbare Recht ermittelt werden.

Vorgehensweise beim Rücktritt:

Wenn Sie von Ihrem Recht auf kostenfreien Rücktritt Gebrauch machen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Schritte zu befolgen:

  1. Kontakt zur Reiseveranstalterin: Informieren Sie die Reiseveranstalterin schriftlich über Ihren Rücktrittswunsch und geben Sie die Gründe an.
  2. Unverzügliche Rücktrittserklärung: Achten Sie darauf, dass Ihr Rücktrittsschreiben unverzüglich nach Bekanntwerden der Rücktrittsgründe bei der Veranstalterin eingeht.
  3. Bewahrung von Nachweisen: Behalten Sie Kopien aller Korrespondenz und Belege im Zusammenhang mit Ihrem Rücktritt.
  4. Rückforderung von Zahlungen: Bei einem rechtmäßigen kostenfreien Rücktritt haben Sie Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen innerhalb von 14 Tagen ab Zugang der Rücktrittserklärung.

 

Wir empfehlen allen Reisenden, sich im Vorfeld über ihre Rechte und Pflichten im Falle von unvorhergesehenen Ereignissen wie Waldbränden zu informieren. Es ist ratsam, die Vertragsbedingungen der gebuchten (Pauschal-)Reise sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls rechtzeitig Kontakt mit der Reiseveranstalterin aufzunehmen.

Liegt zwar kein Grund für einen Rücktritt vor, war der Urlaub aber doch nicht so, wie Sie es sich vorgestellt haben, haben Sie unter Umständen einen Anspruch auf Ihre entgangene Urlaubsfreude. Was das ist und wann Sie einen Anspruch geltend machen, erfahren Sie in unserem Newsletter vom 23.11.2022.

Wir hoffen, dass Ihnen dieser Newsletter einen hilfreichen Überblick über das österreichische Reiserecht und die Möglichkeit des kostenfreien Rücktritts von Reisen verschaffen konnte. Für eine rechtliche Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Verfasser: Mag. Emre Ünal, LL.M., 09/23

SSZ-Adm1n-2019